Die moderne Gesellschaft ist eine Beschleunigungsgesellschaft: Wir reisen immer schneller, wir kommunizieren immer schneller, wir arbeiten schneller. Die Moden wechseln schneller, die Arbeits- und die Wohnorte und auch die Beziehungen. Und wo's nicht mehr schneller geht, dort setzt unsere Zeit auf "nonstop", auf den Rund-um-die-Uhr-Betrieb und auf "Multitasking" -- darauf, statt schneller zu werden, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun. Dieser Beschleunigung sind wir nicht gewachsen, sagt der Soziologe Hartmut Rosa: Ein "quasi-exponentielles Mengenwachstum" an Optionen, Produktionen und Veränderungen steht einer "nur" linearen Verarbeitungsbeschleunigung" gegenüber. Wir kaufen, ohne dass wir wirklich konsumieren; erhöhen ständig unsere Erlebnisdichte und werden doch nicht lebenssatt. Je erfolgreicher wir sozial und ökonomisch werden, umso sicherer geht uns die Zeit aus. Hartmut Rosa spricht über die Mechanismen der Tempogesellschaft und über das verbreitete Gefühl, auf abrutschendem Terrain oder auf Rolltreppen nach unten zu stehen -- über das Gefühl vom Rennen an Ort und von Zeitnot, weil uns die Zeit zunehmend davon läuft.
Woher kommt diese Atemlosigkeit des gleichzeitigen Menschen der Moderne und wohin führt sie uns? Droht uns die individuelle Temporalinsolvenz, die zeitliche Illiquidität? Steuert unsere Gesellschaft auf einen kollektiven Temporalkollaps? Der Soziologe Hartmut Rosa zeichnet mit beeindruckenden Fakten die Grenzen der Beschleunigungsgesellschaft auf und skizziert die Möglichkeiten unserer Gesellschaft, dem Tempo Meister zu werden.
Hartmut Rosa ist Soziologieprofessor an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und einer der bekanntesten Zeittheoretiker im deutschsprachigen Raum. Er ist Autor des Standardwerks "Soziale Beschleunigung -- Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne", mit dessen Veröffentlichung sich der 44 jährige auf Anhieb einen prominenten Platz unter den deutschen Gesellschaftwissenschafltern eroberte.
EventList powered by schlu.net
«Deshalb ist er [der Arme] im sozialen Sinn erst arm, wenn er unterstützt wird. (…) Soziologisch angesehen ist nicht die Armut zuerst gegeben und daraufhin erfolgt Unterstützung (…), sondern derjenige, der Unterstützung geniesst (…), dieser heisst der Arme» Simmel, Georg (1992 [1908]): Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 551. |