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soziologie.ch soz:mag#4 vj's zwischen rebellion und anpassung

vj's zwischen rebellion und anpassung

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Professionalisierung und Selbstverständnis in einem neu entstehenden Beruf

Videojournalismus ist ein junges Phänomen in der Schweiz - es existiert erst seit dem Aufkommen privater Sendeanstalten im deregulierten Medienmarkt. Jenseits staatlicher Lenkung tauchte hier ein neues Tätigkeitsfeld auf, welches auf den herkömmlichen Beruf des TV-Journalisten und das Schweizer Mediensystem als Ganzes nicht zu unterschätzende Auswirkungen hatte. Im vorliegenden Artikel wird die wechselseitige Beeinflussung von privaten und öffentlich-rechtlichen Sendern beleuchtet. Das Selbstbild der Videojournalisten steht dabei im Zentrum des Interesses.

SOZ-MAG Beitrag von Gunnar Gilgen

"Der Unterschied war natürlich, dass wir mit weniger Mitteln als das Schweizer Fernsehen genauso gute Beiträge produzieren konnten." [...]

"Also wenn man heute SF DRS anschaut, sind ein Grossteil der wichtigen Jobs von Leuten besetzt, die früher mal bei TeleZüri oder Tele24 waren." (Matthias Ackeret, ehemals TeleZüri, Tele24)

Das Schweizer Mediensystem hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Viele Umbrüche haben zwar später und weniger akut stattgefunden, als in anderen europäischen Ländern, trotzdem waren sie von einer gewissen Heftigkeit. Durch die Einführung des dualen Rundfunksystems kamen private Anbieter auf den Markt, welche neue Maximen verfolgen: Sie strahlen Programme aus, um damit Gewinn zu erwirtschaften und erzielen um so höhere Preise, je mehr Zuschauer ihre Programme sehen. Der Aufstieg und Fall von privaten Fernsehanstalten, welche mit weitaus kleineren Budgets zu agieren hatten als das öffentlich-rechtliche Fernsehen, bewirkte auch die Entstehung eines neuen Berufsbildes: bei den Privatsendern produzierten erstmals sogenannte Videojournalisten (VJ's) die Beiträge für die Nachrichtensendungen. Deren Arbeitsweise unterschied sich von Beginn an deutlich von derjenigen der herkömmlichen TV-Journalisten von SF DRS. Dies hatte zur Folge, dass sich die Journalisten der privaten Sender stark von ihren Berufskollegen des bisherigen TV-Monopolisten abzugrenzen versuchten. Es entstand ein Selbstbild, welches - etwas überzeichnet - als dasjenige des "News-Rebels" definiert werden kann: der VJ versucht schnellere und direktere News zu produzieren, die sich obendrein durch einen hohen Grad an Emotionalität auszeichnen. Dieses Image wurde sowohl von den Berufsleuten selbst als auch von den TV-Anstalten bis zu einem gewissen Grad kultiviert.

Der neue Beruf der VJ's, welcher heute noch in einem Prozess der Etablierung begriffen ist, hat einerseits Auswirkungen auf die Arbeit der Berufsleute beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen, andererseits findet auch eine Rückkopplung auf das Mediensystem im Ganzen statt. Unter dem Einfluss der neuen Konkurrenz sah sich SF DRS gezwungen, seine Sendestrukturen, die Arbeitsweise der Journalisten und die inhaltlichen Leitplanken den veränderten Rahmen- und Marktbedingungen anzupassen. Aber auch die Arbeitsweise der VJ's verändert sich.

Meine gemeinsam mit Leman Saydam (Uni Fribourg) durchgeführte Untersuchung, welche im vorliegenden Artikel zusammengefasst ist, soll dazu beitragen, die Hintergründe der Entstehung und Etablierung des Berufsbildes VJ im Zeichen der Umbrüche im Schweizer Mediensystem lesen zu können. Die Annäherung an diesen Themenkomplex erfolgte durch mehrere Interviews mit Journalisten, welche ausdrücklich verschiedene Karrieren hinter sich hatten und über längere Zeit bei verschiedenen Sendern, auch beim öffentlich-rechtlichen, arbeiten, bzw. gearbeitet haben. Bei der Auswahl der Gesprächspartner wurde auch Wert darauf gelegt, dass diese unterschiedlichen beruflichen Generationen angehören. Dadurch wurde eine kontrastierende Konfrontation von unterschiedlichen Selbstbildern möglich.

Die Arbeitsweise des VJ's

"Es ist halt so, dass, wenn man alles alleine machen muss, die Qualität am Schluss schlechter ist - und zwar sowohl die Qualität des Technischen, des Bildes, als auch die Qualität des Inhaltes, weil man einfach nicht alles mitbekommt." (Erwin Schmid, ehemals Tele24, heute SF DRS)

Die Arbeitsweise des VJ's unterscheidet sich insofern von derjenigen eines TV-Journalisten, als dass er neben der inhaltlichen Gestaltung der Beiträge auch deren technische Realisierung übernimmt. Er recherchiert über ein Thema, fixiert die Termine und fährt mit der Kamera los. Dann dreht er, führt Interviews und, zurück im Studio, schneidet und vertont er seinen Beitrag. Aktualität ist beim Beruf des VJ's meist wichtiger als Qualität. Dies hängt auch mit dem grossen Zeitdruck zusammen, unter welchem gearbeitet wird. In der Regel gestaltet der VJ kurze Beiträge von einer Dauer zwischen 30 Sekunden und eineinhalb Minuten. Längere und aufwändigere Beiträge dreht er hingegen selten, da hier der Aufwand für Recherche und Produktion so hoch ist, dass man nur im Team weiterkommt. Der hauptsächliche Unterschied zwischen den Arbeitsweisen von VJ's und TV-Journalisten liegt somit in der Arbeitsteilung: der VJ übernimmt während der Produktion eines Beitrages Funktionen, welche bei einem konventionellen Beitrag von SF DRS auf mehrere Fach-Personen (JournalistIn, Kameramann/frau, TontechnikerIn, CutterIn) verteilt sind.

Die privaten Sender adaptierten mit der Zeit allerdings Elemente aus den Konzepten von SF DRS. So setzte mit zunehmender Professionalität der Sendungen eine stärkere Arbeitsteilung ein. Der Produzent spielt bei privaten Sendern je länger je mehr eine gewichtige Rolle. Er zeigt sich für die Beitragsauswahl verantwortlich und steht auf jeder Stufe der Produktion als Unterstützung, für Hilfe und Ratschläge zur Verfügung. Auch die Endabnahme erfolgt in der Regel durch den Produzenten, so dass sich alle Beiträge einer Sendung auf einer Linie befinden. Weiter garantiert ein Cutter, der heute auch bei den privaten Sendern zur Grundausstattung gehört, eine gewisse Qualität des Schnitts und der Endbearbeitung der Beiträge. Immer häufiger kommt es auch vor, dass nicht mehr der VJ, sondern ein Sprecher oder eine Sprecherin die Beiträge vertont.

Aussensicht und Selbstverständnis in Bewegung

VJ's wurden zu Beginn als Berufsleute nicht ernst genommen. Dies sowohl von Seiten der Journalisten der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten, als auch seitens der interviewten Personen.

"Ganz am Anfang hat das komisch ausgesehen, als die VJ's kamen und den Interviewpartner nicht richtig ansahen. Man glaubte, dass sie nicht mit den Leuten sprechen und die Politiker mussten sich erst daran gewöhnen, dass da einer während dem Gespräch durch die Röhre schaut. Das ging dann aber sehr schnell." (Matthias Aebischer, SF DRS)

"Alle haben darüber gelächelt. Die bei SF DRS (...) haben gesagt, dass dies ja gar nicht funktionieren könne. Es sei eine Beleidigung gegenüber dem Berufsstand, dass ein Clown wie ich alleine mit der Kamera herum rennen würde, im Glauben, einen gleichen Beitrag wie SF machen zu können!" (Matthias Ackeret)

Die VJ's wurden solange unterschätzt, bis man feststellte, dass sie genauso gute oder sogar bessere Beiträge zustande brachten als die Journalisten der öffentlich-rechtlichen Sender. Die VJ's wurden zwar zunehmend respektiert, gleichzeitig entwickelte sich von Seiten der öffentlich-rechtlichen Sender eine Aggressivität, die vor allem von den Kameramännern, Tontechnikern und Cuttern ausging. Diese sahen zurecht ihren Berufsstand bedroht.

SF DRS erkannte zunehmend die Vorteile, die die neue Arbeitsweise der VJ's mit sich brachte und fing selber damit an, vereinzelt VJ's einzustellen. Dies geschah auch unter dem Druck der privaten Sender, die in gewissen Konkurrenzsituationen klar vorne lagen.

"Als in Gondo diese Schlammlawine runterging, hat Tele24 sofort einen Helikopter mit VJ's gefüllt und zwei Stunden später waren bereits sechs VJ's von Tele24 dort oben im Einsatz, während die SRG noch am schauen war, wer Pikett hat und wen sie aufbieten könnten. Bis sie dann ihr ganzes Material in Bewegung gesetzt hatten, konnte man bereits nicht mehr hochfahren. (...) Solche Sachen waren dann dafür verantwortlich, dass auch die SRG angefangen hat, VJ's einzustellen. (Erwin Schmid)

Dieser Druck hat sich heute mit dem Wegfall von privaten sprachnationalen Sendern wie Tele24 und TV3 wieder gelegt. Für SF DRS existiert innerhalb der Schweiz keine wirklich starke ökonomische Konkurrenz mehr. Der Wettbewerb spielt sich nun vermehrt auf regionaler Ebene ab, d.h. er ist eher zwischen einzelnen Sendegefässen von SF DRS und lokalen Sendern spürbar (z.B. zwischen "Schweiz Aktuell" und TeleBärn) und nicht mehr direkt zwischen VJ's und TV-Journalisten. Doch nicht nur der ökonomische Wettbewerb zwischen Sendern und Sendungen ändert sich, auch das Selbstverständnis der VJ's und ihr Verhältnis zu anderen Sendern verschiebt sich.

"Es gibt (...) auch VJ's, die die ganze Zeit über SF DRS wettern und dann schliesslich doch dort landen, weil sie beim privaten Sender nicht mehr vorwärts kommen." (Alfred Widmer, TeleBärn)

Im Grossen und Ganzen sehen die heutigen VJ's SF DRS nicht mehr nur als Konkurrenten, den es um jeden Preis zu schlagen gilt, sondern auch als potentiellen Arbeitgeber. Private Sender werden heute bewusst als Karrieresprungbrett wahrgenommen, VJ's der jüngeren Generation würden oftmals gerne bei einem Gefäss von SF DRS arbeiten. Dabei sind Sendungen wie die "Rundschau" oder "Schweiz Aktuell", also Formate, welche mit VJ's arbeiten, die jeweiligen Favoriten. Ein Wechsel im Selbstverständnis der VJ's lässt sich auch aus dem Umgang mit den Berufsbezeichnungen ablesen. Nannte sich der Schweizer VJ der ersten Stunde Matthias Ackeret noch stolz "Videojournalist", gebrauchen die jüngeren VJ's diese Bezeichnung eher zögernd:

"Videojournalist ist meiner Meinung nach ein komischer Ausdruck, der mehr nach ‚Video' als nach ‚Journalist' klingt. In Wirklichkeit ist das Gegenteil der Fall: Man ist in erster Linie Journalist, die Kamera ist nur Hilfsmittel." (Alfred Widmer)

"Als ich bei Tele24 war, habe ich mich nie als VJ bezeichnet. Zudem ist es auch ein Insiderausdruck, den man Aussen sowieso nicht versteht. Ich habe immer gesagt ich sei Fernsehjournalist oder Reporter." (Erwin Schmid)

Eigensinn und innerer Zusammenhalt

VJ's pflegen untereinander einen auffallend starken Zusammenhalt. Informelle Treffen und Zusammenschlüsse haben bei privaten Sendern eine grosse Bedeutung. Diese finden oft ausserhalb der üblichen Arbeitszeit statt.

"Bei Tele24 hat man sich oft privat getroffen. Man hat einen extremen Zusammenhalt gespürt, sogar wenn man alleine in Bern war." (Erwin Schmid)

Bezeichnend ist allerdings, dass dabei fast ausschliesslich über berufliche Belange gesprochen wird. Diese teilweise schon institutionalisierten Treffen tragen zu einer zunehmenden Professionaliserung des Berufs VJ bei - sie bilden ein verbindendes, vergemeinschaftendes Fundament. Man trifft sich jedoch nicht nur ausserhalb der Arbeitszeit und auch nicht nur innerhalb des eigenen Senders. Aufgrund der Kleinräumigkeit des Sendegebiets und des engen Medienmarktes in der Schweiz kennen sich die Journalisten in der Schweiz gegenseitig recht gut:

"Ironischerweise trifft man sich auch immer wieder bei Katastrophen. Wenn zum Beispiel das Bundeshaus explodiert, fahre ich mit meinen Kollegen hier auf Bern und treffe dort meine alten Gschpändli von TeleBärn und das ist dann sehr kollegial, auch mit den Leuten von SF DRS." (Adrian Winkler, ehemals TeleBärn, Tele24, heute TeleZüri)

Formelle berufliche Zusammenschlüsse von VJ's gibt es nicht, was auf eine verlangsamt verlaufende Professionalisierung hindeutet. Zwar sind viele VJ's Mitglied in einer Gewerkschaft, allerdings sind sie dabei kaum aktiv. Ein Bedarf an verstärkter gewerkschaftlicher Organisation wird allerdings erkannt, dies vor allem auch als Nachwirkung auf die Entlassungswellen, welche mit dem Niedergang der sprachnationalen privaten Sender erfolgt sind. Gründe für die mangelnde Organisation werden einerseits bei den Gewerkschaften selbst gefunden, andererseits liegen sie aber auch in der berufsimmanenten Mentalität:

"Dies ist extrem paradox, aber typisch für VJ's, da dieser im Prinzip ein Egoist ist, der nur für sich selber schaut. Der Rest ist ihm egal. Dies ist die Grundtendenz, die sich auch in Teamfragen niederschlägt, z.B. wenn man etwas gemeinsam mobilisieren will. Dies klappt fast nie. Das ist bei einer Zeitung oder bei einem Radio völlig anders. Dort ziehen alle am selben Strick." (Alfred Widmer)

Auswirkungen auf den öffentlich-rechtlichen Sender

Gewisse strukturelle Eigenschaften der Privatsender wurden vom öffentlich-rechtlichen Sender adaptiert. Beispielsweise kann "Infotainment" als ein Indikator verwendet werden, um die wechselseitige Beeinflussung von privaten und öffentlich-rechtlichen Sendern zu veranschaulichen. Infotainment wird durch Kriterien wie Emotionalisierung, Personalisierung, Auslösen persönlicher Betroffenheit, etc. klar definiert. Der Einbezug solcher unterhaltender Elemente in die Gestaltung von Nachrichten- und Informationssendungen hat die Funktion, diese attraktiver, also spannender und interessanter zu machen. Sie sollen bewirken, dass Hauptaussagen eher haften bleiben, die Zuschauer "dranbleiben" und nicht wegzappen. Private Sender begannen im Zuge der Kommerzialisierung als erste, die Verwischung von Information und Unterhaltung als Marktstrategie einzusetzen.

Zur Zeit der Blüte des Privatfernsehens in der Schweiz stagnierten die Einschaltquoten und Werbeeinnahmen der öffentlich-rechtlichen Anstalten, bzw. waren sie rückläufig. Dies war ein wichtiger Grund, der die Sender veranlasste, das Programm stärker den Zuschaueransprüchen anzupassen. Letztere hatten sich unter dem Einfluss des Privatfernsehens ebenfalls verändert. Deshalb setzten die Programmverantwortlichen bei SF DRS in Informationssendungen nun vermehrt auf Infotainment, wobei sich der öffentlich-rechtliche Veranstalter damit auf einer schwierigen Gratwanderung zwischen Publikumsinteresse und Programmauftrag befindet (Beispiel "10vor10"). Dieser Effekt der privaten Sender auf SF DRS ist insofern von Interesse, als dies als Bestätigung dafür verstanden werden kann, dass das öffentlich-rechtliche Fernsehen Elemente der Konkurrenz übernimmt. Dies kann demnach auch für die Adaption der Arbeitsweisen der VJ's gelten.

Heute arbeiten viele ehemalige Angestellte von Privatsendern bei Formaten von SF DRS. Sie bringen eine gewisse Affinität zu ihrer bisherigen Arbeitsweise mit, was dazu beigetragen hat, dass strukturelle Veränderungen entstehen. Dazu kommt, dass bei SF DRS auch grundsätzliche, konzeptuelle Entscheide auf strategischer Stufe gefällt worden sind, wodurch eine Veränderung des Bestehenden möglich wurde. Dieses Verständnis wuchs sicher auch daraus, dass die privaten Sender und ihre Methoden ernst genommen wurden.

Eine organisierte Ausbildung ist ein wichtiges Merkmal von professionalisierten Berufen. Von einer koordinierten, einheitlichen und offiziell anerkannten Ausbildung von VJ's kann heute jedoch keine Rede sein, da die Ausbildung bei jedem Sender unterschiedlich ist. Bei SF DRS hat sich der Ausbildungsweg durch die Existenz des Privatfernsehens deutlich verändert. Früher wurde die Mehrheit der Leute ohne jegliche journalistische Erfahrung angestellt. Zum Teil hatten sie nicht einmal Radio- oder Printerfahrung. Statt dessen mussten sie während zwei Jahren ein Stage absolvieren. Die Karriere verlief dann meistens über lokale und regionale Gefässe hin zu anspruchsvolleren Themen. Heute ist es so, dass SF DRS fast nur noch Leute mit Fernseherfahrung anstellt, was früher gar nicht möglich war, da es in der Schweiz noch gar keine anderen Fernsehanstalten gab.

"Der VJ-Job ist in gewissem Sinne eine Talentschmiede für SF DRS. Also viele Leute, die heute bei SF sind, haben die Praxis, das Beziehungsnetz, das Wissen, wie man einen Beitrag aufbaut, die Filmsprache etc. als VJ gelernt." (Matthias Ackeret)

Dass SF DRS heute aber fast nur noch Journalisten einstellt, welche schon einschlägige Erfahrungen vorweisen können, lässt darauf schliessen, dass die Ausbildung der VJ's bis zu einem gewissen Grad anerkannt wird. Somit ist die Ausbildung, welche die VJ's bei den privaten Sendern erfahren von einem gewissen Wert und einer gewissen Bedeutung. Denn die so erworbenen Fähigkeiten schaffen eine Kompatibilität des VJ's, wodurch er bei verschiedenen Arbeitgebern einsetzbar wird.

Heute ist die Hochblüte des sprachnationalen privaten Fernsehens vorbei, doch die Schweizer Berufslandschaft wurde um ein Berufsbild reicher. Die Arbeitsweise des VJ's hat sich aus ökonomischen und gesellschaftlichen Gründen durchsetzen können und ist kaum mehr aus dem heutigen Medienbetrieb wegzudenken. Mit der fortschreitenden Etablierung des Berufes und den beschriebenen Rückkopplungstendenzen ist eine Anpassung bzw. eine Angleichung an den Beruf des TV-Journalisten erfolgt. Zahlenmässig gibt es heute nicht mehr so viele VJ's wie noch in den 1990er-Jahren. Es ist jedoch damit zu rechnen, dass mit den in Planung stehenden Projekten für neue private TV-Stationen der VJ wieder vermehrt zum Einsatz kommen wird. Wie sich der Beruf dann weiter entwickelt, bleibt abzuwarten.

Gunnar Gilgen studiert Medien- und Kommunikationswissenschaften an der Universität Fribourg. Der vorliegende Artikel basiert auf einer Arbeit, welche in Zusammenarbeit mit Leman Saydam im Rahmen eines berufssoziologischen Seminars bei Dr. Muriel Surdez entstand.

Literaturauswahl

Belz, Christopher; Haller, Michael; Sellheim, Armin: Berufsbilder im Journalismus. Von den alten zu den neuen Medien. Konstanz, 1999.
Lutz, P. Michel; Schenk, Michael: Audiovisuelle Berufe. Veränderungen in der Medienwirtschaft und ihre Auswirkungen auf den Qualifikationsbedarf und die Qualifikationsprofile. Opladen, 1994.
Meier, Werner A.; Bonfadelli, Heinz; Schanne, Michael: Medienlandschaft Schweiz im Umbruch. Vom öffentlichen Kulturgut Rundfunk zur elektronischen Kioskware. Basel und Frankfurt a.M.,1993.
Studer, Ruedi: Alleskönner für das Fernsehen. Facharbeit Universität Bern. Bern, 2002.
Wittwen, Andreas: Infotainment. Fernsehnachrichten zwischen Information und Unterhaltung. Zürich, 1994.

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«Mein Projekt lautete damals und seitdem: Theorie der Gesellschaft; Laufzeit: 30 Jahre; Kosten: keine»

Niklas Luhmann (1997): Die Gesellschaft der Gesellschaft. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 11.